Petär Koledarov
DIE MITTELALTERLICHEN KARTEN ALS QUELLEN DER BULGARISCHEN GESCHICHTE
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Die auf nichtmathematischer Grundlage hergestellten handgezeichneten Karten und
geographischen Schriften aus dem Mittelalter sind eine aufschlußreiche Quelle
über die Entwicklung der geographischen Kenntnisse. Die darin enthaltenen mannigfaltigen
Angaben sind eine wertvolle Informationsquelle auch für die Geschichte, Sprach-,
Kunstwissenschaft und andere Wissensgebiete. Deswegen sind die alten Karten von
besonders wichtiger Bedeutung für Länder wie Bulgarien, die infolge ihrer stürmischen,
an Wechselfällen reichen Vergangenheit über eine beschränktere Quellenbasis verfügen.
Die Tatsache, daß Bulgarien etwas früher als viele gegenwärtig existierende Staaten
auf den Darstellungen der Welt und meisten Denkmälern dieser Art eingezeichnet
wurde (im 9. Jh. im Osten und im 11. Jh. im Westen) spricht ziemlich eindeutig
für die Bedeuteng und das internationale Ansehen des Landes in jener Zeit. Die
wenigen erhaltenen bulgarischen Karten und geographischen Schriften aus dem Mittellalter
beweisen das Interesse der alten Bulgaren an der sie umgebenden Welt und dem gegenseitigen
Kennenlernen mit anderen, oft auch ziemlich fernen Ländern und Völkern.
Die Analyse der Lage Bulgariens in der Paläokartographie liefert wertvolle und
genaue Angaben über sein Territorium, und die eingezeichneten Ortschaften orientieren
über das Orts- und Wegenetz, die Befestigungsanlagen, die Intensität des internationalen
Warenaustausches, des Transithandels usw. Die einzelnen Kartenzeichen wie kleine
Fahnen mit Wappen sind eine Quelle für die Heraldik, und die individualisierten
Darstellungen von Städten und Festungen informieren über ihre Bedeutung (je nach
der Große der Darstellung) wie auch über ihre äußere Gestalt, die Topographie,
den Baustil der Befestigungsanlagen, der Profan- und Sakralbauten sowie der anderen
öffentlichen Gebäude u.a.
Die geographische Nomenklatur in der Paläokartographie oder bestimmte Namenformen
von Landschaften und Örtlichkeiten, die Oro- und Hydrographie u.a. ermöglichen
uns, eine Reihe von Toponymen zu datieren und zu erklären und zugleich auch mehrere
Objekte zu lokalisieren.
Das systematische Auffinden und die Erforschung der alten Karten in Bulgarien
erweiterte und vertiefte sich erst in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten, was
zur Aufdeckung einer neuen, wertwollen Quelle über die bulgarische Geschichte
führte. Ungeachtet des schematischen Charakters und anderer Schwächen (im Hinblick
auf die modernen Forderungen an die geographischen Karten) gibt die Analyse der
paläokartographischen Produkte wertvolle Aufschlüsse über verschiedene Aspekte
der historischen Entwicklung Bulgariens. Sie finden in der Kartographie, Heraldik,
bei der Rekonstruktion von Baudenkmälern, so z.B. der Patriarchenkirche auf dem
Carevec-Hügel in Tärnovo, u.a. Einsatz. Die mittelalterliche Paläokartographie
hat den ihr gebührenden Platz in der Quellenbasis eingenommen und zugleich zu
ihrer Erweiterung und Bereicherung beigetragen.